Noch immer hadere ich ein wenig mit mir wegen des Spiels am vergangenen Wochenende. Da spielt der VfB nach zweimaligem Rückstand und zwischenzeitlicher Führung beim deutschen Meister Borussia Dortmund noch 4:4 und geht in die Geschichtsbücher ein, und wir waren nicht dabei. Alle Auswärtsspiele innerhalb der ersten 2 Monate nach der OP wurden gecancelt. Heute war es die Mannschaft aus Mainz, die es in Schach zu Halten und bestenfalls zu besiegen gilt. Und auch hier war noch eine Rechnung offen, das Hinspiel ist noch gut in Erinnerung geblieben.
“Nichts konnte mich an diesem Abend trösten. Verzweifelt kauerte ich auf den kalten Treppenstufen des Stadions, schüttelte immer wieder schweigend mit dem Kopf und starrte wortlos auf den grünen Rasen. Nicht anzusprechen, nicht zu beruhigen, nicht zu trösten.” – Worte aus dem Hinspiel, das der VfB Anfang November letzten Jahres in Mainz verlor. Auslöser war ein unberechtigter Elfmeter beim Stand von 1:1, der das Spiel willkürlich in die vom Schiedsrichter gewünschte Bahn lenkte. Ich will ja nicht sagen, ich bin nachtragend… aber ich vergesse nicht.
Bis auf das 0:0 gegen Kaiserslautern, in dem wir 2 wertvolle Punkte liegen lassen haben, können wir uns aktuell nicht beschweren. Es sieht gut aus und man kann sogar leise von so etwas wie Konstanz sprechen. Überzeugende Leistungen und teilweise hohe Siege sorgen im Moment noch für Ruhe im Kessel. Allzu euphorisch sollte man dabei auch hier nicht sein, noch sind ein paar Spiele zu absolvieren und die Konkurrenz schläft schließlich auch nicht.
Das Heimspiel gegen Mainz am Ostersamstag sollte für mich ein Besonderes werden: das erste im Stehblock seit meiner Knie-Operation Anfang Februar. Gut 2 Monate sind seitdem vergangen, nach langen harten Wochen mit bewegungslimitierender Knie-Schiene und unhandlichen Krücken bin ich nun auf dem Weg der Besserung und traute es mir zu, es wieder im Stehblock zu probieren. Irgendwann hätte ich damit eh wieder beginnen müssen, denn wenige Tage danach wartet auf uns das Auswärtsspiel in Augsburg.
Zur Sicherheit nochmal die Knie-Schiene angelegt und zu Fuß losgelaufen. Die ersten paar Meter war alles gut, doch auf halber Strecke merkte ich “Ohje \” das wird anstrengend!”. Wenn ich gewusst hätte, wie sehr mich dieser Tag kräftemäßig belasten würde, hätte ich lieber noch ein 4. Mal den Sitzplatz vorgezogen. Vorm Stadion angekommen tat es gut von mehreren zu hören, wie gut das Laufen schon aussieht, ganz im Gegensatz zu vor 2 Wochen, als ich noch die Krücken dabei hatte.
Die Fahnen und Doppelhalter unseres Fanclubs Boys in Red Weinstadt wurden noch penibel genau kontrolliert (das war nicht immer so!), dann ging es auch schon hinein. Ich musst mich nach der kurzen Anstrengung gleich wieder auf die kalten Betonstufen unserer Kurve setzen, bevor wir dann auch wieder nach oben gingen um unsere Fotos zu machen. Später würde ich noch bereuen, nicht ganz unten geblieben zu sein.
Meine Knochen fühlten sich schon so an, als würde ich schon seit Stunden hier stehen. Ein Blick auf die Uhr: noch etwa 45 Minuten bis zum Anpfiff. Oh Gott, tut das weh… Aber es gibt Dinge, die über jeden Schmerz erhaben sind. Auch diese Minuten vergingen irgendwie, und als die Uhr 15:30 Uhr schlug, freute ich mich auf ein Spiel, was hoffentlich Genugtuung bringen wird fürs Hinspiel und vor allem, weitere 3 Punkte im Kampf ums internationale Geschäft. Oh, wie wär das schön, wieder ins Ausland reisen zu können.
Das Spiel wurde angepfiffen, als ich meinen Blick durchs Stadion gleiten ließ, war mir klar, dass wohl wieder kaum mehr als 55.000 Zuschauer im Stadion sein dürften, viele waren noch unterwegs zu ihren Plätzen, insbesondere die Plätze auf der Haupttribüne. Selten, dass etwas in den ersten 5 Minuten passiert \” aber es kommt vor. Manche werden es verpasst haben, was gleich in der 3. Minute geschah, zum Entsetzen der VfB-Fans, zur Freude der Mainzer im gut gefüllten Gästeblock.
Die erste strittige Situation, schon gabs Elfmeter gegen uns. Was war hier passiert? Man sah einen Mainzer im Strafraum fallen nach einem zugegeben dummen Foul unseres Verteidigers Georg Niedermeier \” aber war das tatsächlich einen Strafstoß wert? Als Schiedsrichter ist es natürlich gefährlich, gleich nach 3 Minuten einen Elfmeter gegen die Gastgeber zu geben, aber es war ohnehin nicht der beste Tag des Schiedsrichtergespanns um Manuel Gräfe, das mehr als einmal falsch entschied in diesem Spiel.
Der Pfiff ging zunächst unter \” Manuel Gräfe beriet sich mit dem Linienrichter und zeigte erst nach kurzem Zögern auf den Punkt. Der österreichische Landsmann Andreas Ivanschitz, Nationalmannschaftskollege unseres Stürmers Martin Harnik, trat an und verwandelte sicher. Das fängt ja gut an. Ein früher Nackenschlag, von dem ich befürchtet hatte, das der VfB einige Zeit brauchen würde, um sich davon zu erholen. Aber seit wann macht der VfB denn schon das, was man von ihm erwarten würde?
Wo ich normalerweise schon schreiend die Hände über dem Kopf zusammen schlage, dass nun das ganze Spiel im Prinzip gelaufen sei, blieb ich fürs erste ruhig. Für Panik war es auch noch wirklich früh, nicht einmal 10 Minuten waren gespielt. Keep kuhl, das war die Devise für den Moment. Trotzdem, je schneller der Ausgleich erzielt werden würde, desto sicherer wären wir und würden mehr Konsequenz ins eigene Spiel hinein bekommen.
Bereits beim letzten Heimspiel gegen Nürnberg lobte ich die genialen Momente unseres Spielmachers Tamas Hajnal, der den entscheidenden Pass spielte, der zum einzigen und siegreichen Tor des Spiels führte. Da lief er nun, auf der rechten Seite, bekam den Ball von William Kvist zugespielt, er zog nach innen, schlenzte den Ball aufs Tor \” und traf! Sein erstes Saisontor, und was für ein Schönes noch dazu! Er ist nicht gerade als Torjäger bekannt, er glänzt häufig nur als Vorbereiter, doch wenn er die Bude selber macht, soll es mir genauso recht sein.
Nur 5 Minuten nach dem 0:1 war der Ausgleich schon da. Nach 8 Minuten 2 Tore, wird das hier etwa wieder so ein Spiel wie gegen Dortmund? Die Chancen standen gut, es war ein schnelles Spiel, das der VfB mit aller Macht unter alleiniger Kontrolle halten wollte. Schon früh konnte man feststellen, wie viele Eckbälle wir zugesprochen bekommen, ständig wedelten die Schals in der Cannstatter Kurve, ein wieder eingeführtes Ritual bei Eckbällen der eigenen Mannschaft. Zählbares wollte aber zunächst nicht dabei herausspringen.
Viele Möglichkeiten, von denen so manches schöne Tor hätte dabei entstehen können, doch auch die Gäste bemühten sich bei den Gelegenheiten, die sie hatten, sich aus der erdrückenden Klammer unseres VfB zu befreien. Es gelang ihnen nur mäßig, doch jedes Anrennen der Mannschaft in ungewohnt ruhrpottähnlichen gelb-schwarz-gestreiften Leibchen, sorgte für Erhöhung der Herzfrequenz, wer sieht es schon gern, wenn die eigene Mannschaft in Bedrängnis gerät. Dank der Abwehr und unserem Sven Ulreich war alles im Lot.
Viel größere Sorgen auf dem Feld hatten dann wohl wahrlich die Mainzer. Ein Angriff nach dem anderen rollte auf deren Torwart Christian Wetklo zu. Bei einer weiteren Ecke war Martin Harnik zur Stelle, der aufs Tor köpfte, aber der Elfmeter-Torschütze Andreas Ivanschitz klärte noch auf der Linie. Kurz darauf die nächste Gelegenheit, wieder war es unser Martin Harnik, diesmal mit der Fußspitze. Viele hatten schon den Jubelschrei auf den Lippen, als sie schnell wieder verstummten \” der Ball knallte an die Latte und flog von dort aus zurück vor die Linie. Kein Tor. Aus so vielen Chancen hätte man bereits 2:1 oder 3:1 führen müssen.
Das Spiel war so schnell, dass man kaum noch hinterherkam. Direkt hinter mir stand ein Zuschauer, der permanent bruddelte und plärrte, so dass die Spieler ihn auf dem Feld gehört haben mussten. Immer wieder schrie er “Attacke!!!”, und als ob sie es mit eigenen Ohren vernehmen konnten, sie kamen diesem Wunsch nahezu ununterbrochen noch. Eine Art “Sturm und Drang”-Phase des VfB, minütlich hätte hier das Führungstor fallen können.
Doch wir wissen ja, dass es nicht immer die 22 Spieler auf dem Feld sind, die alleine die Geschehnisse auf dem Rasen und das Ergebnis auf der Anzeigetafel nehmen können. So sind es auch immer 3 weitere Personen, die das Spiel leiten \” die “Unparteiischen”. Wie immer ist es müßig zu sagen, dass manche Entscheidungen bewusst gefällt werden, auch wenn das manchmal tatsächlich den Eindruck macht. Für uns VfB-Fans war die Frage nach dem Schuldigen im Hinspiel zumindest klar.
Es heißt immer, sie geben sich die größte Mühe, um nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden, in Bruchteilen von Sekunden, wo du brisante Situationen sofort regeln musst, ohne den Anschein zu machen, ob und wen du bevorzugst. Wie alle Menschen sind auch sie fehlbar. Dennoch ist es bitter, wenn so offensichtliche Dinge schlichtweg nicht gesehen oder falsch entschieden werden. Die dümmliche Aussage, bei Abseits-Entscheidungen handle es sich um Millimeter-Entscheidungen, ist dabei völlig fehl am Platze.
Wie kommt der Linienrichter also dazu, kurz vor der Halbzeitpause bei einem Angriff der Gastgeber, bei dem ein Mainzer auf dem Rasen ausrutscht und auf Hosenboden sitzen bleibt, der Passgeber noch weit hinter ihm ist, weiterpasst und der Angreifer erfolgreich abschließt, auf Abseits zu entscheiden? Wahrhaft ein Mysterium, das wir hier haben! Der Jubel war groß, aber nicht sehr lange \” wie unsinnig das Heben der Fahne in diesem Moment war, wurde uns erst später beim Anschauen der Sportschau bewusst. Hier wurden wir klar um das 2:1 durch Vedad Ibisevic betrogen.
Für einen Moment Schock und Verwirrung in den Gliedern, für einen Moment nicht richtig aufgepasst, und schon lud man die Mainzer beinahe “erfolgreich” zum Kontern ein. Eric Maxim Choupo-Moting, dessen geplanter Wechsel zur Rückrunde 2010/2011 vom Hamburger SV zum 1. FC Köln wegen eines defekten Faxgerätes platzte und ihn somit zum Gespött machte, erzielte beinahe noch kurz vor der Pause das 1:2. Sein Schuss verfehlte allerdings das Tor, mit dem 1:1 ging es in die Halbzeitpause.
Oooooh, diese Schmerzen. Normalerweise bin ich ja nicht so, aber ich sehnte mich nach einem Sitzplatz. Da direkt hinter und neben mir Leute standen und die beiden Personen vor mir sich sofort mit dem Pausenpfiff auf die Betonstufen setzten, traute ich mich nicht, etwas zu sagen. Wie gern ich mich auch gesetzt hätte. Ein paar Dehn- und Lockerungsübungen später, die nicht den gewünschten Effekt brachten, wurde man auf mich aufmerksam und verschaffte mir Platz für 10 Minuten wertvolles Sitzen und dabei Trinkpäckle schlürfen.
Dabei sinnierte ich, ob es den Jungs gelingen würde, das hohe Tempo und die vielen Chancen aufrecht zu erhalten, und vor allem, ob daraus noch mehr entstehen würde als ein schmeichelhaftes Remis. Um mich herum überall Beine und riesengroße Menschen, ich sah nichts mehr, was mir in diesem Augenblick aber herzlich gleichgültig war. Im Prinzip war es zu früh für eine Rückkehr in den Stehblock, meine fest zugeschnürte Knie-Schiene sorgte gelegentlich für leichte Krämpfe in der Wade \” das kann ja heiter werden in wenigen Tagen in Augsburg, als eine von 3.000 mitreisenden Fans.
Kurz vor Wiederanpfiff hatte ich meine liebe Mühe, mich alleine wieder nach oben zu ziehen. Weiter gehts, weiter, immer weiter. Nur noch 5 einhalb Spiele bis zum Europapokal! Anders als in der 1. Halbzeit gaben die Akteure auf dem Feld zumindest den Zuschauern (55.100, wie vermutet) Gelegenheit, ihre Plätze einzunehmen. Dann klingelte es schon wieder, wieder vor der Cannstatter Kurve, diesmal aber für die richtige Mannschaft.
Schon das ganze Spiel über wusste unser neuer Japaner Gotoku Sakai zu gefallen, tolle Partie von dem 21-Jährigen, den wir mit Kaufoption vom japanischen Club Albirex Niigata geliehen haben. Und auch Vedad Ibisevic ist in den letzten Wochen in toller Form, blieb in diesem Spiel aber bisher eher blass. Das änderte sich nach 49 Minuten, als der Bosnier den japaner mitnahm, dessen butterweiche Flanke zurückbekomm und mit einem Traumtor per Flugkopfball zum 2:1 einnickte. Schöner kann man es kaum machen. Ibisevic und der Ball, beide waren im Tor.
Bevor ich mit allen abklatschte zückte ich noch die Kamera, und wurde für die Geduld belohnt mit einem Bildnis der Begeisterung. Das Spiel war gedreht und aus der guten Stimmung im Stadion wurde so langsam ein Tollhaus. Eine Viertelstunde lang neutralisierten sich die beiden Mannschaften oft gegenseitig, die anlaufenden Stuttgarter blieben bei mauernden Mainzern hängen, die Konter der Gäste wurden geblockt von der Abwehr der Gastgeber. Bis auf nach wie vor viele VfB-Ecken direkt vor der Cannstatter Kurve, die nach wie vor nicht zum direkten Torerfolg führten, passierte nicht viel Erwähnenswertes.
Schon etwas mehr als eine Stunde war gespielt, mit einem Tor in Front trotz Rückstands war es immernoch nicht so ganz das Gelbe vom Ei. Aus vielen Chancen vergleichsweise wenig gemacht, nicht genug Druck hinter so manchen Möglichkeiten. Doch sie gaben einfach nicht auf, man spielte druckvoll auf das 3:1. Julian Schieber, der entscheidenden Anteil an dem Wahnsinnsspiel in Dortmund hatte, flankte nach innen, der Ball weit drüber über Freund und Feind, fast schon an der Eckfahne. Ein Zweikampf von Martin Harnik und Niko Bungert, Harnik zog ihm leicht am Trikot, Bungert kam zu Fall und Harnik stürzte über ihn und ging zu Boden.
Unglaublich, aber wahr: wieder gab es den Pfiff, an selber Stelle wie bereits nach 3 gespielten Minuten auf Elfmeter entschieden wurde. Ehrlicherweise sollte man an dieser Stelle natürlich zugeben, dass dies keinesfalls ein Elfmeter war und sich unser Topscorer nicht über eine gelbe Karte hätte beschweren dürfen, es war ein Stürmerfoul gefolgt von einer Schwalbe. Unser Glück, dass das der Schiedsrichter aus Berlin anders sah. Doch beharre ich hierbei auf ausgleichende Gerechtigkeit, bekamen wir im Hinspiel einen unberechtigten Elfmeter gegen uns und das nicht gegebene Tor gegen Ende der 1. Halbzeit.
Wie gut, dass unser zuverlässiger Elfmeter-Mann auf dem Feld stand, was in den letzten Wochen durchaus keine Selbstverständlichkeit war. Zdravko Kuzmanovic, der seine letzten 7 Elfmeter allesamt sicher verwandelt hat, zögerte keinen Augenblick. Die wilden Proteste der Mainzer wurden zugleich mit Gelb bestraft, auch wenn ich sie ein bisschen verstehen kann, doch das persönliche Wohl und der Vergleich mit dem Hinspiel lässt das Alles in einem weniger beschämenden Licht aussehen. Christian Wetklo war noch dran, doch den Jubel der VfB-Fans zum 3:1 konnte auch er nicht verhindern.
So gefällt uns das, ein Ergebnis nach unserem Geschmack. Die ganze Kurve hüpfte zu “1893” \” ich versuchte leicht mitzumachen, wobei “Hüpfen” an der Stelle zu weit vorgegriffen ist, vielmehr ein leichtes in die Hocke gehen, mehr war momentan nicht drin. Die Schmerzen steckten mir immer tiefer in den Beinen, doch ich unterdrückte sie so gut ich nur konnte. Zu sehr erfreute ich mich an diesem Spiel, als dass ich mir das jetzt wieder selbst kaputt machen würde.
Jetzt, wo die Sicherheit in Spiel und Ergebnis groß genug war, war auch die Ausgelassenheit eine ganz andere. Die Schals schwenkten von links nach rechts und von rechts nach links, Fangesänge wurden durch die Kurve getragen und die Hoffnung war groß, diese 3 Punkte mit zu nehmen. Viel entgegen zu setzen hatten die Mainzer nicht, sowohl die Spieler als auch die mitgereisten Fans, die zwar optisch etwas hergaben, aber akustisch nicht wirklich oft zu vernehmen waren.
Wenn es beim 3:1 bliebe, würde man sich zweifelsohne freuen. Doch nach dem verwandelten Elfmeter, der eigentlich keiner war, wurde das Spiel tatsächlich nochmal ein wenig zäh, Pässe auf beiden Seiten kamen nicht an, nicht wirklich schön anzusehen. War es schon so etwas wie Genugtuung? Ich kann es nicht sagen. Hiermit hätte man exakt das Hinspielergebnis wieder ausgeglichen, in genau der selben Reihenfolge: zuerst Führung der Gäste (damals durch Cacau), sowie 1 Elfmetertor durch Andreas Ivanschitz und 2 Tore durch Anthony Ujah.
Dass das Spiel kurzzeitig alles andere als schön anzusehen war, tat der zunehmend guten Laune und der Freude über den scheinbar sicheren Sieg keinen Abbruch, im Gegenteil, man schaukelte sich hoch und zählte runter, “3, 2, 1, heyyyy” \” und die Welle schwappte durchs Stadion. Etwas, dass ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr miterleben durfte (ausgenommen die Laola-Welle beim Länderspiel vergangenen August gegen Brasilien, die bei jedem Länderspiel der Deutschen Nationalmannschaft fast grundsätzlich inklusive ist). Es gab zuletzt eine beim Heimspiel gegen die Hertha aus Berlin, als ich mir das mitreißende 5:0 vom Krankenbett der Stuttgarter Sportklinik anschauen musste.
Noch etwas mehr als 10 Minuten plus Nachspielzeit. Nach der kurzen Phase mit dem kleinen Hänger beider Mannschaften war es wieder der VfB, der eine Angriffswelle begann. Da war Verteidiger Georg Niedermeier, der den Ball in die Maschen drosch, wieder ging die Jubelfaust in den wolkig-bedeckten Stuttgarter Himmel \” und wieder verstummte die lautstarke Freude schnell. Abseits, diesmal aber korrekt entschieden.
Was ist noch drin in einem Spiel, was nach dem schnellen Rückstand doch noch erfolgreich gedreht werden konnte? Dass alles möglich ist, haben wir am vergangenen Wochenende in Dortmund gesehen, leider waren wir nicht live dabei. Zweimal im Rückstand, einmal in Front, und dennoch “nur” ein 4:4. Mainz hätte sich beeilen müssen, wollten sie hier noch etwas mitnehmen. Doch das weitgehend schnelle Spiel forderte bei den Gästen ihren Tribut, die Beine wurden schwach und der Wille schien auch schon gebrochen \” was der geneigte VfB-Fan sicher nicht ungern in Augenschein nahm.
In der Cannstatter Kurve zählte man nicht nur die Minuten herunter, nun ging man gemeinschaftlich auf die Knie \” sofern gesund \” oder zumindest in die Hocke. Es war Zeit für ein gepflegtes U-M-B-A, ebenfalls zuletzt gegen Berlin, eines der tollsten Freuden über einen (bevorstehenden) Sieg. Im Rahmen meiner aktuell noch durchaus begrenzten Möglichkeiten \” wortwörtlich, denn mehr als 100° Beugung kann ich momentan noch nicht aus dem vor 2 Monaten operierten Knie herausholen. Alles hopste durcheinander auf “A”, als die Uhr auf der Anzeigetafel auf die 85. Minute umsprang.
Der kurz zuvor für den starken Tamas Hajnal eingewechselte Cacau bescherte uns eine weitere Ecke, die sofort von wedelnden Schals dankend angenommen wurde. Unser Dortmunder Held, Christian Gentner, chipte die Ecke ganz sanft ins Feld hinein. Zugegebenermaßen, als nicht gerade hoch gewachsene Person vermag es mir leider nicht immer zu gelingen, durchweg sämtliche Situationen auf dem Feld und in der Kurve in voller Pracht zu erblicken \” oder, kurz gesagt, ich muss ständig zusehen, dass ich zwischen den großen Menschen vor mir hindurch blicken kann, um etwas zu sehen.
Dennoch werde ich nicht die Einzige gewesen sein, die es nicht zu 100 Prozent gesehen hat, was uns ein 4. Mal euphorisch in die Luft (alternativ: wenige Millimeter über dem Boden) gingen ließ. Gewusel im Strafraum, Vedad Ibisevic mit dem Ball, alle Mainzer drauf, eine Drehung, noch eine, durch die Beine gespielt und \” Tor! Um Himmels Willen, wie geht denn das? Völlig egal, wer vor einigen Monaten gedacht hatte, dass ein ehemaliger Hoffenheimer innerhalb kurzer Zeit zum wichtigen Erfolgsgarant wird, musste das wohl allenfalls unter Wunschdenken verbuchen.
Danach passierte dann auch nichts mehr, sehr zu unserer Freude. Auf der Anzeigetafel prangte riesengroß ein 4:1, was, wenn man die Mainzer Konterchancen bedenkt, in der Höhe nicht unbedingt den Spielverlauf wieder gibt. Doch wie das nun mal so ist, machst du die Dinger vorne nicht, kriegst du sie hinten \” ich sags ja immer wieder! Lange klatschten sich die Jungs am Mittelkreis ab, bevor sie sich langsam in Richtung Cannstatter Kurve bewegten, wo sie begeistert empfangen wurden.
Dort, wo wir stets unsere Plätze während des Spiels einnehmen, ist ein guter Standpunkt zum Fotografieren. Unten in den ersten Reihen steht ein Großteil unserer Freunde und Bekannte, die das seltene Privileg hatten, mit den Spielern abzuklatschen, die sich nicht einfach nur mit einer eher emotionslosen Welle bedanken wollten, sondern diesmal die komplette Ehrenrunde machten. Wie gerne hätte ich da auch die Spieler abgeklatscht \” sie tun das nur äußerst selten, doch sie wissen vermutlich selber, wie wichtig jetzt jeder einzelne Punkt ist, wenn wir an das schöne Wort “Europapokal” denken.
Die Ergebnisse der anderen Spiele waren größtenteils ebenfalls zu unserem Wohlwollen, Bremen spielte unentschieden und Dortmund war erfolgreich, um das Meisterschaftsrennen in dieser Saison weiterhin spannend zu halten \” möge es bis zum letzten Spieltag so sein! Auf der Tabelle grinste uns Platz 5 entgegen. Ob es dabei bleibt, entscheidet einen Tag später das Spiel Schalke gegen Hannover – was glücklicherweise von Schalke gewonnen wurde und uns mindestens bis Dienstag auf Platz 5 verweilen lässt.
Geschwind noch alle Bekannten verabschiedet, 2 druckfrische neue Ausgaben des “Schwaben Express” organisiert und ab nach Hause. Was die Treppe hoch schon ganz gut funktioniert, klappt beim Treppe runter bisher noch nicht so ganz: im Nachstellschritt Stufe für Stufe nach unten, doch auch da bin ich irgendwann unten angekommen. Im verhältnismäßig raschem Schritt ging es zurück nach Hause, wo ich sofort den hungrigen Kartenleser mit den beiden SD-Karten fütterte und die Bilder bearbeitete, um mir dann in Ruhe die Sportschau reinzuziehen. Wie süß diese Siege immer schmecken, und wie oft ich mir die Tore ansehen kann.
Nun sind die Augen auf Augsburg gerichtet. Nach Ostermontag habe ich noch 2 weitere Tage frei, während Felix am Dienstag noch bis Mittags schaffen muss. Mit dem Auto gehts dann hoffentlich weitgehend staufrei gen Süd-Osten, auf hoffentlich 3 weitere Punkte. Einen Vorgeschmack auf den Stehblock habe ich ja schon bekommen \” es wird hart werden, das steht außer Frage.
33 Jahre, gebürtig aus Leipzig, seit 2010 wohnhaft in Stuttgart – Bad Cannstatt. Dauerkartenbesitzerin, Mitglied, ehemalige (Fast-)Allesfahrerin und Fotografin für vfb-bilder.de. Aus Liebe zum VfB Stuttgart berichte ich hier von meinen Erlebnissen – im Stadion und Abseits davon.
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